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Mädchen und Frauen mit Blutgerinnungsstörungen

Herausforderungen bei der Diagnostik von symptomatischen Konduktorinnen

Die Bluterkrankheit ist ein reines Männerthema, so die landläufige Meinung. Doch die Realität sieht anders aus: Frauen können nicht nur Überträgerinnen des Gendefektes (sogenannte Konduktorinnen) sein, sie können auch selbst unter einer erhöhten Blutungsneigung leiden. Ein großes Problem dabei: Oftmals sind die Symptome so schwach ausgeprägt, dass die Krankheit erst relativ spät erkannt wird. Dabei wäre gerade bei Mädchen eine frühe Diagnose wichtig, um frauenspezifischen Herausforderungen wie der Menstruation und später einer möglichen Schwangerschaft angemessen begegnen zu können.

Mädchen und Frauen mit Blutgerinnungsstörungen | Witzleben Apotheke Berlin

Hämophilie und symptomatische Konduktorinnen

Hämophilie A und Hämophilie B entstehen durch einen genetischen Defekt auf dem X-Chromosom, auf dem die Informationen für die Gerinnungsfaktoren VIII und IX gespeichert sind. In der Regel kann bei Frauen das zweite, gesunde X-Chromosom den Defekt ausgleichen. Betroffene Frauen erkranken dann nicht selbst an der Blutgerinnungsstörung, sie können das hämophile Erbmerkmal aber als sogenannte Konduktorinnen an ihre Kinder weitergeben.

Was viele nicht wissen: Auch Konduktorinnen können einen so niedrigen Faktor-VIII- oder Faktor-IX-Spiegel aufweisen, so dass sie selbst unter einer erhöhten Blutungsneigung leiden. Sie gelten dann als „symptomatische Konduktorinnen“. Meist handelt es sich dabei um eine Hämophile in milder Form, in sehr seltenen Fällen erkranken auch Frauen an einer schweren Hämophilie.

Symptomatische Konduktorinnen sind Konduktorinnen, die aufgrund eines erniedrigten Faktorspiegels eine erhöhte Blutungsneigung aufweisen. Je niedriger der Faktorspiegel, desto höher ist dabei das Blutungsrisiko. Bei der Hämophilie unterscheidet man diesbezüglich drei Schweregrade:

  • Leichte Hämophilie: Faktorspiegel zwischen 5 und 40 Prozent
  • Mittelschwere Hämophilie: Faktorspiegel zwischen 1 und 5 Prozent
  • Schwere Hämophilie: Faktorspiegel niedriger als 1 Prozent

 

Symptomatische Konduktorinnen | Witzleben Apotheke Berlin

Das Problem dabei: Eine leichte Hämophilie macht sich im Alltag kaum durch Beschwerden bemerkbar. Während bei den meisten Jungen die Diagnose „Hämophilie“ schon im Krabbelalter gestellt wird, wird die Erkrankung bei Mädchen oftmals erst mit Einsetzen der Periode, manchmal sogar erst später bemerkt. Dabei wäre es vor allem bei Frauen wichtig, dass die erhöhte Blutungsneigung rechtzeitig erkannt wird, damit es bei frauenspezifischen Themen wie der Menstruation und Schwangerschaft, aber auch bei Zahnbehandlungen, operativen Eingriffen oder Unfällen nicht zu Komplikationen kommt.

Symptomatische Konduktorinnen | Witzleben Apotheke Berlin

Wer kann Konduktorin sein?

Folgende vereinfachte Merkregel kann hier eine erste Hilfestellung sein.

Eine Frau ist sicher Konduktorin für Hämophilie,

  • wenn der Vater an Hämophilie erkrankt ist.
  • wenn der Sohn und mindestens ein weiterer Angehöriger mütterlicherseits an Hämophilie erkrankt sind.
  • wenn zwei oder mehrere Söhne an Hämophilie erkrankt sind.
  • wenn ein Sohn Hämophilie hat und ein weiteres weibliches Familienmitglied mütterlicherseits bekannt ist, welches Konduktorin ist.
 

Eine Frau ist möglicherweise Konduktorin für Hämophilie,

  • wenn der Sohn eine Hämophilie hat.
  • wenn der Bruder eine Hämophilie hat.
  • wenn andere Verwandte mütterlicherseits Hämophilie haben.
 

Eine Frau ist keine Konduktorin für Hämophilie,

  • wenn Verwandte väterlicherseits an Hämophilie leiden, der Vater aber selbst gesund ist.
 
Menstruation bei Konduktorinnen | Witzleben Apotheke Berlin

Tabuthema Menstruation:
Hinweis auf eine Gerinnungsstörung

Wichtigster Indikator für eine angeborene Blutgerinnungsstörung sind schwere Regelblutungen. Diese gelten als auffällig, wenn sie entweder sehr heftig sind (Hypermenorrhoe) oder länger als sieben Tage (Menorrhagie) andauern.

Da die Menstruation für viele immer noch ein schambehaftetes Tabuthema ist, über das auch in der Familie nicht offen gesprochen wird, ist eine übermäßige Monatsblutung vor allem für Mädchen und junge Frauen meist mit einem sehr hohen Leidensdruck verbunden. Dazu können körperliche Folgen wie Schmerzen, Eisenmangel oder sogar Eisenanämie bis hin zu Anovulation (Ausbleiben des Eisprungs) kommen.

Bei juvenilen Dauerblutungen (lange Blutungen in den ersten Jahren der Menstruation) oder ungewöhnlich heftigen und zu langen Menstruationsblutungen sollte immer auch an eine Blutgerinnungsstörung gedacht und dementsprechend sorgfältig abgeklärt werden.

Weitere mögliche Anzeichen für eine erhöhte Blutungsneigung bei Konduktorinnen sind:

  • Neigung zu blauen Flecken
  • Verlängerte Blutungszeiten bei kleinen Wunden
  • Häufiges Nasenbluten (Epistaxis)
  • Verlängerte Blutungszeiten nach zahnärztlichen Eingriffen und Operationen
  • Verlängerte Blutungszeiten nach Unfällen oder bei größeren Verletzungen

 

Symptomatische Konduktorinnen | Witzleben Apotheke Berlin

Sicherheit durch frühzeitige Diagnostik

Wenn bereits jemand in der Familie an Hämophile erkrankt ist und Indizien auf eine erhöhte Blutungsneigung hinweisen, kann eine hämostaseologische Diagnostik bei einem entsprechenden Facharzt bzw. einer Fachärztin Klarheit verschaffen.

Denn: Ein frühzeitiger Therapiebeginn kann nicht nur Leidensdruck nehmen und Symptome lindern, sondern auch gesundheitliche Folgeschäden verhindern.

Weitere Blutgerinnungsstörungen bei Frauen

Neben der Hämophilie gibt es eine Reihe weiterer Blutungserkrankungen, von denen Männer und Frauen gleichermaßen betroffen sein können. Die häufigste Form davon ist das Von-Willebrand-Syndrom, das bei etwa 1 Prozent der Bevölkerung auftritt. Der Von-Willebrand-Faktor (vWF) ist ein Protein, das als Trägerprotein des Blutgerinnungsfaktors VIII eine wichtige Rolle bei der Blutstillung spielt. Patientinnen mit dem Von-Willebrand-Syndrom weisen oftmals ebenfalls nur leichte Symptome auf. Auch von der erworbenen Hämophilie können Frauen betroffen sein. Hierbei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen den Gerinnungsfaktor VIII richtet. Derartig fehlgeleitete Immunreaktionen können beispielsweise im Rahmen anderer Erkrankungen (zum Beispiel Autoimmunerkrankungen) auftreten, oder bei bestimmten bösartigen Erkrankungen. In etwa der Hälfte aller Fälle kann keine genaue Ursache gefunden werden.

Von-Willebrand-Syndrom in Deutschland | Witzleben Apotheke Berlin
Schätzungsweise 830.000 Menschen sind in Deutschland vom „Von-Willebrand-Syndrom betroffen. Dies entspricht ca. 1 % der Bevölkerung (Männer und Frauen).

Hämophilie Schwerpunktapotheke | Witzleben Apotheke Berlin

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