Die Apothekenlandschaft ist divers – es gibt kleine Landapotheken, große Familienverbünde oder spezialisierte Schwerpunktapotheken. Zur letzteren Gruppe gehört die Witzleben-Apotheke in Berlin. Inhaberin Claudia Neuhaus wollte die Verantwortung über den Betrieb mit rund 40 Angestellten auf mehrere Schultern verteilen und fand zwei Partner für eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) im eigenen Team. Damit wiederholt sich die Geschichte der Apotheke.
Die Witzleben-Apotheke und ihre nahe gelegene Filiale sind zentrale Anlaufpunkte am Kaiserdamm im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Nähe zum Zentralen Busbahnhof, das Ärztehaus und die verschiedenen Schwerpunkte sorgen für einen gemischten Kundenstamm. Neuhaus ist seit 1994 in der Apotheke tätig, damals noch als Angestellte von Dieter Drost. Sie kam aus einer Klinikapotheke zu ihm. Dort sammelte sie bereits Erfahrungen in der Herstellung von Zytostatika.
Fünf Jahre später bot Drost seiner Angestellten die Partnerschaft an, der Betrieb wurde bis 2011 als OHG geführt. In jenem Jahr kam auch die damalige Pharmazeutin im Praktikum (PhiP) Patricia Christl nach Berlin. „Ich habe eine Apotheke mit Schwerpunkten gesucht“, sagt sie. Nach der PTA-Ausbildung, dem Pharmaziestudium in Halle und einem näheren Blick auf die Pharmaindustrie sie die Witzleben-Apotheke rückblickend genau die richtige Wahl gewesen.
Die Apotheke versorgt unter anderem seit mehr als 15 Jahren im großen Stil Krebspatienten. Neuhaus war bis 2016 Partnerin beim Zytohersteller Medios Manufaktur. Seit 1995 ist der Betrieb eine Anlaufstelle für HIV- und Hepatitis-Erkrankte und bietet medizinisches Cannabis an. „Seit vergangenem Jahr versorgen wir auch Hämophilie-Patienten“, sagt Christl. Die pharmazeutischen Schwerpunkte seien das Interessante an der Arbeit. Deshalb blieb sie nach der Approbation ihrem Ausbildungsbetrieb treu, stieg zur Teamleitung für den HV-Bereich auf und wurde im vergangenen Jahr gefragt, ob sie nicht Partnerin werden wollte.
Auch ihr langjähriger Kollege, Christian Winhausen, sollte mit in die OHG einsteigen. Er ist seit 2005 für Neuhaus tätig, seit 2008 als Filialleiter. „Die Entscheidung für den Schritt in die Selbstständigkeit fiel mir leicht“, sagt er. Die Leitung einer Apotheken zu dritt sei gut, da jeder manchmal eine andere Sichtweise auf Dinge miteinbringe. „Am Ende sind wir uns dann immer einig.“ Christl war nach etwa zwei Monaten klar, dass sie die Selbstständigkeit wagen werde. Als Studentin habe sie kurzzeitig über eine Selbstständigkeit nachgedacht. Dieser „Traum“ war schnell vergessen, da sie sich als eher in einer Zwischenposition sah wie eine Filialleitung.
Die Zusage der beiden neuen Partner kam im Team gut an. „Jetzt stehen die Apotheken auf drei Säulen“, sagt Christl. Die OHG sei auch eine Sicherheit für die Mitarbeiter, sagt Neuhaus. „Einer von uns ist immer ansprechbar, die Apotheke ist Inhaber geführt.“ Ein wichtiges Argument für die Leitung als Trio sei auch, dass dadurch Kapazitäten für andere Tätigkeiten wie etwa Zeit für Verbandspolitik frei würden. Künftig sollen Services wie digitale Themen weiter ausgebaut werden. Ganz neu ist auch der Schwerpukt spinale Muskelatrophie. „Wir sind besonders für junge Eltern eine große Stütze“, so Christl. Diese pharmazeutischen Themen seien gerade in Coronazeiten, in denen Apotheken sich viel mit Masken, Desinfektionsmittel und Tests beschäftigen müssen, etwas Tolles.
Der Start in die Apotheken-OHG zum Jahreswechsel verlief für Christl etwas anders als geplant. Die Apothekerin infizierte sich privat mit Sars-Cov-2. „Die Krankheit verlief wie eine Erkältung“, sagt sie. Gut sei gewesen, dass sie zwischen den Feiertagen nicht in der Apotheke gewesen sei und es dadurch keine weiteren Ansteckungen gegeben habe. „Es gab keine Verbindung zur Apotheke.“