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Der Geist aus der Flasche

Das Schlückchen in Ehren, der Einschlafdrink, das Anstoßglas, der Abendmahlkelch und das Feuerwasser: Der Konsum von Alkohol ist Bestandteil vieler gesellschaftlicher und kultureller Anlässe. Herbert Grönemeyer hat es in seiner unnachahmlichen Art melodisch auf den Punkt gebracht: „Alkohol ist das Dressing für deinen Kopfsalat …!“ Um den ganzen Salat einmal ganz nüchtern zu betrachten, sollten wir unser Schulwissen reaktivieren: Alkohole sind organische Verbindungen, die ein oder mehrere an unterschiedliche aliphatische Kohlenwasserstoffatome gebundene Hydroxylgruppen (wie man sie vom Wasser kennt) besitzen.

„Was ist hier los, was ist passiert? Ich hab bloß meine Nerven massiert…! Alkohol ist dein Sanitäter in der Not, ist dein Fallschirm und dein Rettungsbot, Alkohol ist das Drahtseil auf dem du stehst, ist das Schiff mit dem du untergehst…“

Herbert Grönemeyer

Je nach Anzahl ihrer Kohlenstoffatome können Alkohole von einfach bis aromatisch und von flüssig bis fest in Erscheinung treten und sind aus unserem Leben bzw. aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Zu den einfachen Alkoholen gehören:

  • das Methanol (CH3-OH): mit 1 Kohlenstoffatom. Es hat eine eher traurige Bekanntheit durch die Todesfälle infolge gepanschten Alkohols.
  • das Ethanol (C2H5-OH): mit 2 Kohlenstoffatomen. Aufgrund seiner Eigenschaft, sowohl hydrophile (wasserlöslich) als auch hydrophobe (wasserunlöslich) Stoffe lösen zu können, zählt es zu den bedeutsamsten Lösungsmitteln überhaupt, denn sowohl Fette, Harze, Lacke und Öle als auch Farbstoffe lassen sich darin lösen. In der Medikamentenherstellung wird es ebenfalls als Lösungsmittel für die Wirk- und  Hilfsstoffe genutzt und durch seine bakteriostatische Wirkung (ab 10 Prozent Alkoholgehalt) auch in konservierungsfreien Präparaten eingesetzt.
  • das Propanol (C3H7OH) und Isopropanol: mit jeweils 3 Kohlenstoffatomen. Es besitzt einen speziellen Eigengeruch und wird meist als Reinigungs- und Desinfektionsmittel eingesetzt.
Gärung von Wein - Witzleben Apotheke Berlin

Die alkoholische Gärung

Die alkoholische Gärung, auch Ethanol-Gärung genannt, bezeichnet den biochemischen Prozess, bei dem Kohlenhydrate (Glucose) unter Abwesenheit oder unter einem Mangel an Sauerstoff (den sogenannten „anoxische Bedingungen“) zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid abgebaut werden. Dieser Vorgang wird seit Jahrtausenden zur Herstellung alkoholischer Getränke und zum Brotbacken genutzt – Kuchen und Brot gehen „auf“ durch das entstehende Kohlendioxid. Bereits 5.000 v. Chr. wurden in Mesopotamien Weinreben angebaut und Wein zubereitet und diese Kultur verbreitete sich dann über Griechenland nach Europa bis in den Rest der Welt.

Vereinfacht könnte man sagen: Verarbeitete Weintrauben werden in luftdichter Umgebung (Fässer, Gärtanks, Flaschen) mit Hefezellen versetzt, die den Zucker im Obst abbauen und dabei Alkohol freisetzen. Die Gärung schreitet dann so lange fort, bis der gesamte Zucker in Alkohol umgewandelt worden ist. Intensive Sonne und höhere Temperaturen lassen in den Trauben mehr Zucker entstehen, wodurch während der alkoholischen Gärung auch mehr Ethanol, also Trinkalkohol, entstehen kann. Das ebenfalls entstehende Kohlenstoffdioxid wird über ein sogenanntes Gärröhrchen aus dem Gefäß geleitet. Fndet die Gärung in der geschlossenen Flasche statt, erhält man Sekt. Bei einem Alkoholgehalt von mehr als 15 Prozent werden die Hefezellen und Gär-Bakterien allerdings abgetötet und der Prozess kommt zum Stillstand. Hochprozentige alkoholische Getränke können deshalb nur durch zusätzliche Destillation gewonnen werden.

Fuse: „Ein Auge riskier ich“

Während bei der alkoholischen Vergärung 10 bis 20 Prozent Methanol, bezogen auf die Alkoholmenge, entstehen können, wird das Alkohol-Wassergemisch durch Destillation auf einen Alkoholgehalt von bis zu 50 Prozent aufkonzentriert und somit auch der Methanol-Anteil stark erhöht.

Beim privaten „Schwarz-Brennen“ passiert es leider immer wieder, das Methanol nicht fachgerecht destilliert wird. Bei Konsum oxidiert es dann in der Leber zu Formaldehyd und Ameisensäure, was zu schweren Schädigungen im Zentralnervensystem führen kann. Den Betroffenen wird erst Stunden später übel, ihnen drohen Erblindung, Organschäden und sogar der Tod.

Hangover nach übermäßigem Alkoholgenuss - Witzleben Apotheke Berlin

Der Geist des Weines

Mit der Herstellung von Wein erhielt der Alkohol den Namen „Weingeist“ – aus einem lebendigem Medium entstand etwas Neues, das als „Rauschmittel“ das Bewusstsein verändern konnte.

Und beobachtet man Menschen nach starkem Alkoholgenuss, fällt anfangs die lallende Stimme und der torkelnde Gang auf, Hemmschwellen werden überschritten und vorher vielleicht schüchterne Menschen verändern kurzfristig ihre Persönlichkeit. Der „fremde Geist“ ergreift Besitz … und am nächsten Morgen hat der Betreffende mit Sicherheit den berühmten „Kater“. Und während der Rausch meist nach einem Tag überstanden ist, leidet das Gehirn noch sehr viel länger an den Folgen – vor allem bei regelmäßigem Rauschtrinken.

Nicht Herr seiner Sinne sein

Zwar können geringe Mengen Alkohol in der Regel entspannend und stimmungssteigernd wirken sowie Angstgefühle dämpfen. Mit steigender Promillezahl können aber Verwirrung und Nervosität sowie Aggression und sogar Bewusstlosigkeit und Atemstillstand auftreten. Das liegt daran, dass der Alkohol an Nervenzellen andockt, diese bremst und so Informationen langsamer an die Nachbarzellen weitergeleitet werden. Daher gilt auch: Don’t drink and drive!

Verzicht auf Alkohol - Witzleben Apotheke Berlin

 

ACHTUNG: Alkohol kann die Wirkung von Medikamenten verstärken! Meiden Sie Alkohol, wenn Sie Medikamente einnehmen müssen – zumal Ihre Leber in dieser Zeit ohnehin Höchstleistungen bringen muss!

Und schön macht er auch nicht…

Alkohol entzieht den Hautzellen Wasser, so dass die Haut sich schlechter regenerieren kann, schneller altert und mehr Falten bildet. Er verlangsamt die Magenentleerung und kann damit leichter zum Sodbrennen führen. Durch einen geschwächten Verdauungstrakt kann der Körper verschiedene Vitamine nicht mehr optimal aufnehmen. Der berühmte Verdauungsschnaps hat also keine positive Wirkung! Alkohol ist ein Zellgift, das die  Nervenzellen im Gehirn absterben lässt.drink and drive!

Alkohol im täglichen Leben

Ursprünglich wurde der Name „Alkohol“ im arabischen Raum als feines Puder für Kajal (Al-Khul) und andere Kosmetika verwendet. Ethanol dient – überwiegend bei der Süßwarenproduktion – als „Konservierungsmittel“ und wird aufgrund seiner Qualität als Lösungsmittel für pflanzliche Extrakte neben der Medizin auch in der Kosmetikindustrie eingesetzt, wo er ebenfalls für seine bakteriostatische Wirkung geschätzt wird.

Auf der Verpackung von Pflegepräparaten findet sich manchmal das Wort „Alcohol denat.“ Das ist der Hinweis auf sogenannten vergällten Alkohol. Ethanol ist ein hoch besteuertes Genussmittel und wird zur Kosteneinsparung mit einer Substanz versetzt, damit es nicht mehr getrunken werden kann – ursprünglich tierischer Galle („vergällter Brennspiritus“), bei Naturkosmetikherstellern zum Beispiel Lavendelöl.

Dann gibt es noch die mehrkettigen Zuckeralkohole. Sie dienen zum zahnschonenden und kalorienarmen Süßen und sind bekannt als Xylit, Sorbit und Isomalt.

Übrigens: In den eingesetzten Konzentrationen bis 20 Prozent trocknet Ethanol die Haut nicht aus – problematisch aber kann es werden, wenn im Produkt zusätzlich synthetische Emulgatoren und Konservierungsmittel enthalten sind, die die gesunde Hautbarriere angreifen können.

Genussmittel Alkohol - Witzleben Apotheke Berlin

Preiswertes Feiern

Wie viel Alkohol ein Mensch verträgt, ist genetisch bestimmt. Im Gegensatz zu Amerikanern und Europäern reagieren 80 Prozent der Chinesen, Japaner und Koreaner bereits auf kleine Mengen Alkohol wie bei einer Allergie: beschleunigter Puls, Hitzeentwicklung, gerötetes bis geschwollenes Gesicht, Muskel- und Magenschmerzen.

Diese Alkoholunverträglichkeit entsteht durch eine mangelnde Produktion bestimmter Enzyme, die am Abbau von Alkohol in der Leber beteiligt sind. Ein Forschungsbericht aus dem Jahr 2010 äußert eine Vermutung darüber, warum das Erbgut die Ausschüttung drosselt: Als die ostasiatischen Völker begannen, Reis als Grundnahrungsmittel anzupflanzen, fermentierten sie ihn zur Haltbarmachung mit Hefepilzen. Diese bilden beim Gärprozess Ethanol. Wer also Reis aß, nahm gleichzeitig Alkohol zu sich. Um alkoholbedingten Organschäden vorzukommen, reagiert der Körper mit den oben genannten unangenehmen Symptomen, damit man „freiwillig“ weniger davon zu sich nimmt. Durch Genmutation kann diese Information von der Natur an die Nachkommen entsprechend weitergegeben worden sein (Quelle: Ratiopharm).

Alkohol und die Religion - Witzleben Apotheke Berlin

Alkohol und die Religion

„Nehmet und trinket alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes. Mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“

Zur Feier des heiligen Abendmahls als Sinnbild für die Gemeinschaft der Christen wird ausschließlich Wein, meist in Form von Weißwein, verwendet. In der islamischen Weltreligion wurde Wein im Koran „zu den guten Gaben der Schöpfung“ gezählt (Sure 16:67), aber es war auch klar, dass Gläubige nicht betrunken zum Gebet kommen sollen (4:43). Da der Wein aber gerne zum Losspiel konsumiert wurde, wurde er nach anfänglicher Duldung über die Jahrhunderte „haram“ – verboten. In wenigen islamischen Ländern wie Saudi Arabien, Kuwait und dem Sudan können alkoholische Getränke nur illegal erworben werden. Im Iran kann Alkoholkonsum mit 40 bis 80 Peitschenhieben und bei Wiederholungstaten sogar mit dem Tod bestraft werden. Alkohol als Bestandteil von Medizin ist tatsächlich auch verboten. Allerdings gilt: „Wenn aber die Einnahme von alkoholhaltigen Substanzen unabdingbar sein sollte, es keinen Ersatz dafür gibt und keine anderen alkoholfreien Heilmittel vorhanden sind, darf man davon nur so viel einnehmen, wie benötigt wird, um den Schaden abzuwenden. Ebenfalls gestattet ist es zur Schmerzlinderung bei onkologischen und frisch operierten Patienten.“

Nach all diesen ernüchternden Tatsachen über den berauschenden Stoff zum Schluss noch etwas Positives: Durch den maßvollen Genuss von Rotwein können Durchblutungsstörungen in den Gefäßen vorgebeugt und schädliche Blutfette im Körper verringert werden.
Also: Ein Prost auf die Freiheit. Vorausgesetzt, es bleibt bei EINEM Glas.

Text von Michaela Medrow, Witzleben Apotheke Berlin. Erschienen in der Ausgabe 9 des CHECK Magazins, dem Gesundheitsmagazin für Männer und interessierte Menschen