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Mikronährstoffe bei Krebs: Kleine Substanzen mit großer Wirkung

Ein Artikel von Tanja Fuchs
erschienen in der Onkovision, Ausgabe 15

Sie liefern zwar keine Energie, aber ihr Stellenwert für den menschlichen Organismus ist bedeutend: Mikronährstoffe oder auch Vitalstoffe. Welche sind besonders wichtig, woran mangelt es häufig, und was ist im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung zu beachten?

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe sowie bestimmte Fett- und Aminosäuren: Mikronährstoffe, die auch als Vitalstoffe bezeichnet werden, sind an vielen wichtigen und komplexen Prozessen in unserem Körper beteiligt. Bereits der Mangel eines einzelnen Mikronährstoffs kann zu gesundheitlichen Beschwerden führen.

Die gute Nachricht ist: Deutschland ist kein Vitaminmangel-Land. Zu dieser Einschätzung kommt jedenfalls die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Tatsächlich haben wir hierzulande ziemlich gute Voraussetzungen, um unseren Makro- und Mikronährstoffbedarf zu decken. Dennoch werden aus Sorge vor möglichem Mangel häufig Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. In vielen Fällen ist dies überflüssig, in einigen unnötig teuer und in manchen sogar kontraproduktiv. In bestimmten Lebenssituationen, bei einer besonderen Ernährungsweise und in Hinblick auf spezielle Nährstoffe kann dies aber durchaus sinnvoll und sogar erforderlich sein.

Eine besondere Lebenssituation stellt auch eine Krebserkrankung dar. Was sollte, was darf jetzt supplementiert werden? Was sind Makronährstoffe, welche Mikronährstoffe sind in Bezug auf Krebs grundsätzlich kritisch, was müsste bei jeder Diagnose abgeklärt werden? Und warum kann das gerade für Krebspatienten von Bedeutung sein?

Wissen

Kataboler und anaboler Stoffwechsel

Der gesamte Stoffwechsel kann eingeteilt werden in katabole Reaktionen, welche durch den Abbau von chemisch komplexen Nahrungsstoffen zu einfacheren Stoffen Energie liefern (Katabolismus), und anabole Reaktionen, welche unter Energieverbrauch körpereigene Stoffe aus einfachen Bausteinen aufbauen (Anabolismus).

Katabolismus und Anabolismus haben eine gemeinsame Schnittstelle: Im Intermediärstoffwechsel werden relativ einfache Moleküle umgebaut, die als Zwischenprodukte (Metaboliten) sowohl vom katabolen als auch vom anabolen Stoffwechsel bereitgestellt werden können.

Mikronährstoffe bei Krebs | Witzleben Apotheke Berlin

Makro- und Mikronährstoffe

Zu den Makronährstoffen gehören Kohlenhydrate, Fette und Proteine. Sie liefern die Energie, die für körperliche Prozesse wie Atmung, Herzschlag, Verdauung, Wachstum, die Neubildung von Geweben und vieles mehr erforderlich sind. Energie, die dem Körper über die Nahrung zugeführt werden muss.

Mikronährstoffe sind am Stoffwechsel innerhalb der Zellen und damit an den biologischen Grundfunktionen des Körpers beteiligt, etwa dem Zellwachstum und der damit verbundenen Erneuerung von Haut, Knochen, Muskulatur, Blutkörperchen, der Nervenreizleitung sowie der Bildung von Sekreten und Botenstoffen. Sie sind aber auch für die Funktion bestimmter Enzyme und Enzymreaktionen essentiell, bilden Bestandteile für Hormone (z. B. Jod als Bestandteil des Schilddrüsenhormons) und wirken als Elektrolyte oder Antioxidantien. Die meisten der Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente müssen wir über die Nahrung zu uns nehmen.

Während in hiesigen Breitengraden ein Überfluss an Makronährstoffen herrscht, besteht bei den Mikronährstoffen durchaus die Gefahr einer Unterversorgung. Eine langanhaltende Unterversorgung kann zu Krankheiten führen oder Heilungsprozesse verzögern. Zwar braucht unser Körper keine großen Mengen, aber eben immer ausreichend, um den Mikronährstoffbedarf zu decken. In einigen Lebensphasen und Situationen sogar etwas mehr: Das gilt z.B. in der Entwicklung oder während der Schwangerschaft, bei höherer Belastung und für Raucher, aber auch bei einer Erkrankung.

Mangelsituationen können viele Ursachen haben. Während einer Krebserkrankung kann es zu Appetitlosigkeit und Geschmacksveränderungen kommen und nicht selten gehen Krebstherapien mit Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung sowie Mundschleimhautentzündungen einher. All diese Nebenwirkungen haben Einfluss auf die Nahrungsaufnahme. Inzwischen gibt es gute und sichere Möglichkeiten, diese Nebenwirkungen zu reduzieren.

Appetitlosigkeit bei Krebs | Witzleben Apotheke Berlin

Erst die Diagnose, dann die Therapie

Die Meinungen zu Mikronährstoffen gehen auseinander, und die meisten im onkologischen Bereich tätigen Mediziner raten eher zu weniger als zu mehr. Das Gute ist: So unterschiedlich die Meinungen auch sein mögen, in einem Punkt sind sich fast alle einig: Vor der Therapie sollte immer die Diagnose stehen. Im Klartext: Bevor man auf gut Glück diese und jene Vitaminpille zu sich nimmt oder einfach irgendein Multivitaminpräparat – weil da ja von allem etwas drin ist – sollte man labormedizinisch abklären lassen, wo und ob es einen Bedarf gibt. Denn nicht jeder eingenommene Mikronährstoff wird vom Körper einfach wieder ausgeschieden, wenn er nicht benötigt wird. Manches wird gespeichert und kann im Übermaß dem Körper schaden. Manches kann zu unerwünschten Neben- und Wechselwirkungen führen. Mit anderen Medikamenten und auch mit Krebstherapeutika. Auch wenn dies überwiegend für Phytotherapeutika (pflanzliche Arzneimittel) gilt und weniger für Mikronährstoffe, sollten alle – ausnahmslos alle – Nahrungsergänzungsmittel, Medikamente, regelmäßig eingenommenen Präparate am besten mit dem behandelnden Onkologen und/oder einer Ernährungsberaterin besprochen werden. Idealerweise wird unmittelbar nach der Diagnose ein Blutbild erstellt, um bereits bestehende Mängel rechtzeitig zu erkennen und beheben zu können.

Vitamin D

Vitamin D, auch Cholecalciferol genannt, ist streng genommen eigentlich gar kein Vitamin, sondern vielmehr ein Hormon. Es beschäftigt Forscher weltweit und sorgt seit Jahren für kontroverse Diskussionen. Unstrittig ist, dass Vitamin D, bzw. das Produkt 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3, für die Knochengesundheit unentbehrlich ist. Einigkeit besteht auch darüber, dass das Hormon auf bis zu 200 Gene in Darm-, Prostata, Nerven- oder Brustdrüsenzellen einwirkt. Überall im Körper hat man Rezeptoren nachweisen können. Vitamin
D kann man nicht in ausreichendem Maß über die Nahrung aufnehmen, es wird beinah ausschließlich bei Sonnenstrahlung über die Haut gebildet: Die UVB-Strahlen der Sonne aktivieren in der Haut das Provitamin D3 zu Vitamin D3. In der Leber wird es zusammen mit dem Vitamin D2 aus der Nahrung weiter umgebaut. Der letzte Schritt passiert in der Niere, wo es zum eigentlich aktiven 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 umfunktioniert wird. In dieser Form hilft es dem Körper, Kalzium aus der Nahrung aufzunehmen, fungiert gewissermaßen als Dirigent im Knochenstoffwechsel, stärkt das Immunsystem und steuert das Zellwachstum. Im Körper wirkt Vitamin D auch auf wichtige Gene ein. Es schaltet Erbanlagen im Phosphat- und Kalziumhaushalt an und ab. Weil die UV-Strahlung in unseren Breitengraden zwischen Oktober und April nicht ausreicht, weisen viele Menschen hierzulande in den Wintermonaten einen Mangel auf.

Vitamin D bei Krebs | Witzleben Apotheke Berlin

Kritische Mikronährstoffe bei Krebs

Es hat sich gezeigt, dass bereits bei Diagnosestellung und bevor sich Veränderungen in der Ernährung – etwa durch eine Therapie – bemerkbar machen, der Status verschiedener Vitamine im Vergleich zu Gesunden erniedrigt sein kann. Besonders häufig bei Tumorpatienten ist ein Vitamin-D-Mangel, aber auch bestimmte B-Vitamine und Selen fehlen.

Dr. Peter Holzhauer spricht in diesem Zusammenhang von kritischen Mikronährstoffen – das sind solche, die insbesondere im Kontext einer Krebserkrankung und/ oder Krebstherapie defizitär vorliegen können. Neben Vitamin D und Selen nennt der Onkologe auch L-Carnitin, Vitamin A, zahlreiche B-Vitamine sowie Magnesium. Das kann durch zahlreiche Ursachen wie u. a. Appetitlosigkeit und Mangelernährung, eine verminderte Nahrungsaufnahme durch Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, aber auch durch Wechselwirkungen mit Medikamenten, auch Zytostatika, bedingt sein.

(vgl. Der Onkologe, Komplementärer Einsatz von Antioxidanzien und Mikronährstoffen in der Onkologie. Onkologe 2013; 19:136-143; DOI 10.1007/s00761 -012-2385-9)

Eine ungezielte Eigenmedikation ist nicht ratsam.

INTERVIEW mit Dr. Peter Holzhauer, Facharzt für Innere Medizin & Naturheilverfahren im Interdisziplinären onkologischen Zentrum (IOZ) in München, Chefarzt Innere Medizin II, Abteilung für Integrative Onkologie des onkologischen Zentrums Oberaudorf, Klinik Bad Trissl.

ONKOVISION: Herr Dr. Holzhauer, kann man Krebs mithilfe von Mikronährstoffen vorbeugen?
Holzhauer: Dafür gibt es meines Wissens keine gesicherte Evidenz. Als gesichert gilt jedoch, dass eine gute Versorgung mit dazu beitragen kann, dass die Patienten besser durch die Therapie kommen, das Risiko für eine Tumorkachexie geringer ist und die Patienten dadurch insgesamt eine bessere Lebensqualität haben.

Kann man trotzdem generelle Empfehlungen aussprechen, welche Mikronährstoffe in Bezug auf eine Krebserkrankung günstig sind?
Auch hier gibt es leider keine generelle Empfehlung. Meiner Meinung nach sollte nur supplementiert werden, wenn auch wirklich ein Mangel vorliegt. Diesen sehen wir häufig bei den sogenannten kritischen Mikronährstoffen. Eine ungezielte Eigenmedikation ist nicht ratsam, vielmehr sollte der behandelnde Arzt (Onkologe) eingebunden sein, nicht zuletzt, um mögliche Wechselwirkungen auszuschließen.


Welches sind die kritischen Mikronährstoffe?

Zu den kritischen Nährstoffen gehören Selen und Vitamin D. Aber auch B-Vitamine, Magnesium und L-Carnitin.

Sollte der Spiegel all dieser Mikronährstoffe bei der Diagnose einer Krebserkrankung dann nicht bestenfalls rechtzeitig abgeklärt werden?
Ich checke nur Selen und Vitamin D, das hängt aber auch damit zusammen, dass alle unsere Patienten ein bilanziertes Mikronährstoffgemisch erhalten, in dem B-Vitamine, Vitamin A, Magnesium und L-Carnitin enthalten sind.

Aber müsste man vor der Gabe von z.B. L-Carnitin nicht erstmal prüfen, ob der Patient erniedrigte Werte hat?
Wir gehen davon aus, dass 80 Prozent der Patienten mit einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung L-Carnitin-Mangel haben. Es ist keine allgemeine Empfehlung und dies muss mit dem Arzt besprochen werden, aber in der Abteilung für Integrative Onkologie der Klinik Bad Trissl erhalten Patienten mit Fatigue L-Carnitin in hohen Dosen. Mit guten Ergebnissen. Es hängt auch ein bisschen von der Ernährungsweise ab, so haben Vegetarier und besonders Veganer relativ häufig L-Carnitin-Mangel.

Für Vitamin D und Selen lassen Sie aber eine Blutuntersuchung machen?
Ja, zum einen lassen sich die Spiegel dieser beiden Mikronährstoffe relativ leicht überprüfen, zum anderen haben die Patienten hier oft erheblichen Mangel, der sich beheben lässt. Allerdings sollte man diese Nährstoffe auch nicht überdosieren, da einige ihrer Metabolite im Körper gespeichert werden können.


Und vermutlich ist es keine gute Idee, sich in der Drogerie um die Ecke mit Selen selbst zu versorgen?

So ist es. Aus meiner Sicht sollten Krebspatienten generell Abstand nehmen von Supplementen, die sie auf eigene Faust in der Drogerie kaufen! Beim Selen ist es aber noch etwas komplizierter. Wer sich in der Drogerie oder auch in der Apotheke rezeptfreies Selen besorgt, wird in der Regel ein organisches Selenpräparat erhalten. Dieses Selen ist für die Situation des onkologischen Patienten nicht geeignet, denn zum einen kann es nicht so im Körper eingebaut werden, wie es sollte zum anderen können organische Selenverbindungen sehr lange im Gewebe gespeichert werden und sind damit nicht bioverfügbar. Das Selen, das wir unseren Patienten geben, ist ein rezeptpflichtiges Medikament, kein Nahrungsergänzungsmittel.

Bevor ich Selen zu mir nehme, also unbedingt eine Blutuntersuchung vornehmen lassen, um die benötigte Dosis dann auf Rezept zu erhalten?
Ja und hier ist es ganz wichtig, dass der Selenspiegel im Vollblut und nicht im Serum gemessen wird. Leider wird das häufig falsch gemacht. Und leider werden auch Krebspatienten häufig auf Onkologen stoßen, die wenig Verständnis für diese Untersuchung aufbringen.

Das hängt nicht selten auch damit zusammen, dass die Ärzte der Meinung sind, man könne über die Ernährung ausreichend Nährstoffe aufnehmen. Grundsätzlich gilt ja auch, das echte Nahrung besser ist – weil die Mikronährstoffe dadurch besser aufgenommen werden können, oder?
Wenn die Patienten sich nach der Erkrankung gesund ernähren, dann haben sie an den meisten Vitaminen aus meiner Sicht auch keinen Mangel und müssen dementsprechend auch keine Mikronährstoffpräparate nehmen, so wie unsere Patienten es während der Therapie tun.

Aber: 1. Viele Menschen ernähren sich leider alles andere als gesund und für die Risikogruppe sind Basisnährstoffpräparate dann ggfs. doch wichtig. 2. Der Bedarf einiger Mikronährstoffe lässt sich eben nicht über die Ernährung decken. Dazu gehören Vitamin D und Selen. Vitamin D kann man nicht in ausreichendem Maß über die Nahrung aufnehmen, es wird beinah ausschließlich bei Sonnenstrahlung über die Haut gebildet. Hinzu kommt, dass die UV-Strahlung in unseren Breitengraden zwischen Oktober und April nicht ausreicht, damit der Körper überhaupt Vitamin D bilden kann. Aus diesem Grund weisen die meisten Menschen in Deutschland im Winter mangelhafte Vitamin-D-Werte auf. Bei onkologischen Patienten, z. B. unter Therapie zeigt sich dies häufig noch viel ausgeprägter – wenn man denn hinsieht! Evident ist auch, dass Vitamin D nicht nur wichtig für die Knochengesundheit ist, sondern als pleiotropes Hormon zahlreiche regulierende Funktionen auf Gewebe, Stoffwechsel und immunologische Abläufe hat.

Es war auch während der Corona-Pandemie immer wieder Thema. Denn eine optimale Vitamin- D-Versorgung „stärkt“ u.a. das Immunsystem und bietet dadurch immunologisch eine bessere Auseinandersetzung z.B. mit einer CO-VID 19 Infektion oder auch einer Krebserkrankung. Es ist aber auf keinen Fall ein „Anti-Corona-Medikament“. Wichtig ist die Labordiagnostik vor der Supplementierung und dann die dazu passende Dosierung, immer durch den behandeln-den Arzt. Wir sehen im klinischen onkologischen Alltag nicht selten Vitamin D(25-OH)-Werte die unter 10 µg/L liegen und haben damit einen Hinweis auf einen ausgeprägten Vitamin D-Mangel.

Was Selen betrifft: In den Böden hierzulande ist kaum Selen vorhanden und daher auch nicht in unseren Lebensmitteln. Im Vergleich dazu sind die Böden in Kanada und Venezuela sehr selenreich, ebenso in einigen Gegenden Chinas, wo die Einwohner viel zu hohe toxische Werte aufweisen.

Gibt es Mikronährstoffe, die im Übermaß dem Körper schaden?
Immer, wenn der Dosierungsbereich für Nahrungsergänzungen deutlich überschritten wird und wir uns mit dem jeweiligen Mikronährstoff im Bereich einer pharmakologischen Dosierung bewegen, ist Vorsicht und Kompetenz geboten. Intoxikationen kann es auch bei Vitamin D geben, so etwa, wenn hohe Dosen über längere Zeiträume eingenommen werden. Wir setzen Mikronährstoffe wie Vitamin D, Selen und L-Carnitin häufig in bestimmten Dosierungen zum Nebenwirkungsmanagement z.B. einer medikamentösen Tumortherapie ein. Das ist nicht vergleichbar mit dem reinen Ausgleich eines Mangels!

Nun gibt es Menschen, die Resorptionsstörungen aufweisen. Kommt das bei älteren Menschen nicht sogar häufig vor? Oft wissen die Betroffenen das gar nicht.
Resorptionsstörungen können sogar häufig im Rahmen einer Tumorerkrankung und Tumortherapie vorkommen. So etwa bei gastrointestinalen und auch anderen Tumoren, z.B. nach einer OP mit Anlage eines Ileostomas. Hier ist die sorgfältige Anamnese durch den behandelnden Arzt mit Fokus auf solche Störungen sehr wichtig.

Kann die Aufnahme von Mikronährstoffen auch durch ein bestimmtes Medikament verringert sein? Und umgekehrt? Gibt es Interaktionen von Mikronährstoffen und Zytostatika oder Hormontherapien?
Arzneimittelinteraktionen spielen in beide Richtungen eine wichtige Rolle. Mikronährstoffe, wie Vitamin C, oder Naturstoffe wie Johanniskraut, Aroniabeeren oder Grüner Tee können die Wirkkonzentrationen und damit die Effektivität von medikamentöser Tumortherapie in verschiedene Richtungen beeinflussen. Aber Zytostatika und auch endokrine Therapie/Hormontherapie beeinflussen mitunter in negativer Weise die Versorgung mit Mikronährstoffen. So können Anthracycline, Platinsalze und Ifosfamid zu L-Carnitin-Mangel führen, Paclitaxel und Tamoxifen können über komplexe Mechanismen in den Vitamin-D-Stoffwechsel eingreifen, um nur einige wichtige Beispiele zu nennen.

Künstlicher Darmausgang bei Krebs | Witzleben Apotheke Berlin

Ileostoma

Die Ileostomie (lat. Ileum = Dünndarm und griech. Stoma = Mund, Öffnung) ist die zweithäufigste Art der Stomaanlage. Unter einer Ileostomie versteht man die Ausleitung des Dünndarms an die Hautoberfläche. Ein Ileostoma ist erforderlich, wenn aufgrund einer Erkrankung die operative Entfernung eines Teilabschnittes des Dickdarms oder des gesamten Dickdarms ggf. inklusive des Schließmuskels erforderlich ist.


Welche weiteren Störungen und Nebenwirkungen sind häufig, im Zusammenhang mit einer Krebsbehandlung?

Im Rahmen einer Chemotherapie oder Strahlentherapie treten häufig Entzündungen der Mundschleimhaut auf, die bei höheren Schweregraden die Nahrungsaufnahme und damit auch die Aufnahme von Mikronährstoffen beeinträchtigen können.

L-Carnitin

L-Carnitin (INN: Levocarnitin) wird in Lebewesen aus den Aminosäuren Lysin und Methionin hergestellt und hat wichtige Funktionen im mitochondrialen Stoffwechsel; typische Symptome eines Mangels sind ein Energiedefizit und muskuläre Schwäche. Die Aminosäure hat therapeutisches Potenzial bei verschiedenen Erkrankungen und insbesondere in der Onko-logie. Wichtige Co-Faktoren bei der Bildung sind Vitamin B3, B6 und C sowie Eisen. Wichtigste Quelle ist Fleisch, sodass sich bei Vegetariern und Veganern rasch Mängel einstellen können.  Studien zufolge weisen bis zu 80 Prozent der Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen einen Mangel an L-Carnitin auf, der vom Organismus nicht ausgeglichen werden kann. Eine erhöhte renale Ausscheidung von L-Carnitin findet man bei Krebspatienten unter Chemotherapie mit Platinsubstanzen, besonders: Cisplatin Doxorubicin oder Ifosfamid.

Der „nerve growth factor“ als potentes Neuroprotektivum steigt unter dem Einfluss von L-Carnitin an und es kann als ein mögliches Therapeutikum der chemotherapiebedingten Polyneuropathie bei onkologischen Patienten ein-gesetzt werden. Studien zufolge kann L-Carnitin bei Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben: Die Ergebnisse der CARPAN-Studie belegen stabilere Lebensqualitäts- und Gewichts- sowie tendenziell günstigere Überlebensdaten.
(Quelle: www.thieme.de/de/naturheilverfahren/l-carnitin-portraet-einer-aminosaeure-92804.html)

Was gilt es zu beachten hinsichtlich einer Strahlentherapie? Sollte auch hier auf besondere Mikronährstoffe geachtet werden?
Hier spielt das Spurenelement Selen in seiner Form als anorganisches Selen (Natriumselenit) eine wesentliche Rolle. Über den Mechanismus der DNA-Reparatur gesunder Zellen wird bei ausreichender Selenversorgung eine Art „Zellschutz“ selektiv für genetisch gesunde Zellen ermöglicht. Der Einsatz von Selen wird aber leider immer noch von vielen Strahlentherapeuten sehr kritisch gesehen.

Warum?
Selen ist für viele, die sich nicht in der Tiefe damit befasst haben, ein reines Antioxidans, also ein Fänger von Sauerstoffradikalen. Eine Strahlentherapie erzeugt dort, wo sie eingesetzt wird, Sauerstoffradikale. Das ist ein Wirkmechanismus einer Strahlentherapie. Für den Strahlentherapeuten ist dies Grund genug, keinesfalls Substanzen zu-zuführen, die dafür bekannt sind, Sauerstoffradikale zu neutralisieren, weil dadurch – einfach betrachtet – das Wirkprinzip zunichte gemacht würde. Es gibt sehr wenige Studien, die gezeigt haben, dass die hochdosierte Selengabe – 500 bis 1.000 Mikrogramm, eine Stunde vor der Bestrahlung – die Verträglichkeit der Therapie deutlich verbessern konnte. Kritiker aber sagen: Wenn die Wirkung verloren gehe, sei eine bessere Verträglichkeit am Ende kontraproduktiv. Um zu untersuchen, inwieweit Selen tatsächlich die Wirkung der Strahlentherapie stören könnte, wurde im Klinikum rechts der Isar an Brustkrebszellen untersucht, was genau in der Tiefe passiert.* Die Erforschung dieser Mechanismen – auch unter Selenzugabe – führte zu dem Fazit, dass Gaben von anorganischem Selen, die zu physiologischen Selenspiegeln im höheren Normbereich führen, die Effekte der Strahlentherapie nicht beeinträchtigen. Der Schutz gesunder Zellen lässt sich folgendermaßen erklären: Das anorganische Selen ist an den DNA-Reparaturmechanismen über verschiedene Gene beteiligt. Bei guter Selenversorgung laufen Reparaturmechanismen ausgezeichnet. Ist eine Zelle genetisch geschädigt, wird über verschiedene Gene entschieden, ob die Zelle repariert werden kann oder ob sie in den Zelltod geschickt wird. Das ist insbesondere vom Vorhandensein des intakten Tumor-Supressor-Gens p53 abhängig. In Tumorzellen ist p53 zu etwa 80 Prozent mutiert. Das bedeutet, dass man die Tumorzellen mit Selen gar nicht schützen kann, sondern man schützt selektiv gesunde Zellen. (* Quelle: https://mediatum.ub.tum.dedoc/1273930/ 1273930.pdf)

Selen

Selen: Für viele Mineralstoffe und Spurenelemente gilt, dass der Körper sie in organischer Form besser aufnehmen und verwerten kann als in anorganischen Verbindungen. Beim Selen ist das anders.

Rezeptpflichtige Selenpräparate aus der Apotheke enthalten häufig anorganisches Natriumselenit. Dies kann der Organismus gezielt und bedarfsgerecht in die entsprechenden Enzyme und Hormone einbauen. In organischen Selenverbindungen hingegen kommt der Mikronährstoff meist in Form der Aminosäuren vor. Diese nimmt der Körper zwar gut über die Darmschleimhaut auf, in dieser Form steht das Selen dem Stoffwechsel aber nicht sofort zur Verfügung, sondern wird teilweise unspezifisch an der Stelle der Aminosäure Methionin in Körpereiweiße eingelagert. Weitere Infos: selenase® 200 XXL – Verbraucherinformation
(Quelle: https://biosyn.de/aktuelles/die-sechs-gr%C3%B6%C3%9Ftenirrt%C3%BCmer-%C3%BCber-selen/)

Mikronährstoffe können sich auch gegenseitig beeinflussen. Bestimmte Vitamine fördern die Aufnahme von Spurenelementen – so z. B. Vitamin C und Eisen, während ballaststoffhaltige Nahrungsmittel die Eisenaufnahme hemmen.
Ja, es gibt zahlreiche solcher Wechselwirkungen, die nicht selten auch sehr relevant sind. Ein bekanntes Beispiel und um beim Selen zu bleiben: Selen in Form von Natriumselenit und Vitamin C sollten nicht zeitgleich eingenommen werden: Durch Vitamin C wird Natriumselenit in eine Form umgewandelt, die der Körper nicht verstoffwechseln kann. Daher sollte zwischen der Einnahme von Vitamin C und Selen als Natriumselenit ein Abstand von ein bis zwei Stunden liegen.

Das Thema Ernährung und Mikronährstoffe wird in onkologischen Praxen noch immer sehr stiefmütterlich behandelt und obwohl Krebspatienten bereits zum Zeitpunkt der Diagnose einen beginnenden Mangel aufweisen, wird danach gar nicht geguckt.
Das ist sehr bedauerlich, und hier muss noch viel passieren. Es empfiehlt sich unter Umständen eine Ernährungsberatung hinzuzuziehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

B-Vitamine

B-Vitamine gelten als wichtige Regulatoren im Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel. Sie wirken insgesamt stoffwechselaktivierend, sind wichtig für die Blutbildung und spielen eine Rolle als sogenannte Radikalfänger. (Quelle: www.netdoktor.at/laborwerte/vitamin-b-6684724)

Vitamin B 1
Thiamin

ist wichtig für den Kohlenhydratstoffwechsel von Nerven, Gehirn und Muskeln. Es kommt vor allem in den Silberhäutchen (innere Schalen) und in den Keimen von Getreide vor.

Vitamin B2
Riboflavin

findet sich in allen Körperzellen und spielt eine besondere Rolle bei der Umwandlung von Fetten, Eiweißen und Kohlenhydraten in Nährstoffe. Es kommt vor allem vor in: Eiern, Fleisch und Fisch, Innereien, Nüssen, Pilzen, Milchprodukten.

Vitamin B3
Nikotinsäure/ Niacin

findet sich in allen Zellen, wird in der Leber gespeichert und ist für viele Stoffwechselvorgänge notwendig, insbesondere für Haut und Schleimhäute. Es kommt vor allem vor in: Geflügel, Fleisch, Fisch, Milchprodukten, Eiern. In geringeren Mengen auch in Bierhefe, Hülsenfrüchten und Obst.

Vitamin B5
Pantothensäure

hat eine wichtige Funktion im gesamten Energiestoffwechsel. Alle Bindegewebe, Schleimhäute, Haare und Nägel benötigen es für ihren Aufbau. Eine wichtige Stellung hat es aber auch im körpereigenen Abwehrsystem. Enthalten in Kalbsleber, Erdnüssen, Brokkoli.

Vitamin B6
Pyridoxin

ist bei eiweißumbauenden Stoffwechselvorgängen und während des Wachstums wichtig, sowie für die Funktion von Herz, Gehirn und Leber. Es ist auch ein Baustein der Botenstoffe, die für die Reizübertragung zwischen Nervenzellen verantwortlich sind. Es ist in beinah allen Lebensmitteln vorhanden, besonders reichlich in: Leber, Hefe, Fisch, Milchprodukten, Mais, Soja, Grüngemüse.

Vitamin B7
Biotin, Vitamin H

spielt als Cofaktor im Energiestoffwechsel eine wichtige Rolle und ist am Zellwachstum sowie bei der DNA- und Proteinsynthese beteiligt. Des Weiteren hat es Einfluss auf das Wachstum und die Erhaltung von Haut und Haaren. Enthalten in: Innereien, Milch, Eigelb, Hülsenfrüchten, Nüssen. Auch die Folsäure gehört zu den Vitaminen der B-Gruppe. Sie ist wichtig für die Blutbildung und die Zellteilung und stellt einen wesentlichen Baustein der Erbinformation in den Zellkernen dar. Reichlich enthalten in: Spinat, Hefe, Innereien.

Vitamin B12
Cobalamin

wirkt vor allem bei Stoffwechselvorgängen mit, die mit der Zellteilung und dem Wachstum zu tun haben. Es ist ein wichtiger Faktor bei der Blutneubildung. Es kann durch den Darm nicht direkt aufgenommen werden, sondern muss sich vorher mit einer von der Magenschleimhaut ausgeschiedenen Substanz, dem so genannten Intrinsic Factor, verbinden. Vitamin B 12 ist das einzige wasserlösliche Vitamin, das im Körper gespeichert werden kann und kommt fast ausschließlich in Fleisch, Milch, Eiern vor. Vegetarier und Veganer sollten unbedingt regelmäßig ihre Vitamin-B-12-Spiegel checken lassen. Um Mangelzuständen vorzubeugen, müssen sie in der Regel Vitamin-B-12 supplementieren. Die Anzeichen einer Unterversorgung treten meist erst nach einigen Jahren auf, teilweise mit irreversiblen Folgeschäden.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Tanja Fuchs, Chefredakteurin der Onkovision, dass sie uns diesen Artikel für die Veröffentlichung auf unserer Homepage zur Verfügung gestellt hat. Der Text ist erschienen in der Onkovision, Ausgabe 15 (August 2021) (PDF-Datei, 1 mb).

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