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Schlank mit einem Pieks?

Der Hype um die Abnehmspritzen: Wundermittel bei Übergewicht oder gefährlicher Trend?

Ein Phänomen aus den Vereinigten Staaten erzeugt mittlerweile auch hierzulande bei immer mehr Menschen wahre Begeisterungsstürme: Abnehmspritzen wie Ozempic®, Wegovy® und Co. Insbesondere Patienten mit starkem Übergewicht erhoffen sich dadurch lang ersehnte Erfolge beim Abnehmen. Doch ist es wirklich möglich, durch eine einzige wöchentliche Injektion dauerhaft lästige Pfunde loszuwerden? Und wie sieht es mit Neben- oder Wechselwirkungen aus?

Durchbruch des Jahres 2023: Semaglutid

Der aktuellste Durchbruch in der Therapie von Adipositas, also krankhaftem Übergewicht, besteht aus dem verschreibungspflichtigen Wirkstoff Semaglutid. Dieser wird derzeit unter den Handelsnamen Ozempic® und Wegovy® als “Abnehmspritze” beworben und erweckt große Hoffnungen bei vielen Personen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder höher. Allerdings warnen Mediziner vor einem Missbrauch der Medikamente, die sich in der Zulassung und teils auch in der Dosierung unterscheiden.

Ozempic für Diabetiker

Ozempic®

Was vielen nicht bekannt ist: Der hochgelobte Wirkstoff Semaglutid wurde für Menschen mit Diabetes entwickelt, die trotz einer Ernährungsumstellung und sportlicher Betätigung ihren Blutzuckerspiegel nicht senken können. Diabetiker injizieren sich den Wirkstoff mit Hilfe eines Pens einmal wöchentlich. Dieser signalisiert ihrem Gehirn ein Sättigungsgefühl, indem er den Blutzucker mithilfe eines natürlichen Botenstoffs senkt und die Magenentleerung verlangsamt.

Unter dem Handelsnamen Ozempic® ist Semaglutid in Deutschland ausschließlich als Zusatz zu einer Diät und körperlicher Bewegung für die Behandlung von Diabetes Typ-2 zugelassen und wird entsprechend vom Facharzt nach Diagnosestellung verschrieben. Kann der Blutzucker mithilfe eines Antidiabetikums nicht ausreichend gesenkt werden kann, wird die Therapie mit Ozempic® von der Krankenkasse erstattet.

Wegovy bei Adipositas

Wegovy®

Seit Januar 2022 hat ein weiteres Semaglutid-Medikament mit höherer Wirkstärke die Zulassung der EU-Kommission zur Behandlung von adipösen Menschen erhalten: Wegovy®. Das verschreibungspflichtige Medikament ist zur Gewichtsregulierung ergänzend zu einer kalorienreduzierten Ernährung und einer verstärkten körperlichen Aktivität für folgende Personen zugelassen:

  • Erwachsene mit Adipositas (mit einem BMI von 30 oder höher)
  • Erwachsene mit Übergewicht (mit einem BMI von 27 bis 29) und mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung

Die Kosten für Wegovy® werden derzeit nicht von den Krankenkassen übernommen, da sogenannte Lifestyle-Arzneimittel zur Gewichtsreduktion generell nicht erstattet werden. Die Verordnung erfolgt auf Privatrezept.

Wie wirkt Semaglutid auf das Gefühl der Sättigung?

Der Wirkstoff Semaglutid gehört wie die Wirkstoffe Tirzepatid (Mounjaro®), Liraglutid (Victoza®) und Dulaglutid  (Trulicity®) zur Gruppe der GLP-1-Rezeptoragonisten (Inkretinmimetika), die zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt wurden. Diese wirken ähnlich wie das Darm-Hormon GLP1, indem sie die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse erhöhen, um den Blutzuckerspiegel nach dem Essen zu kontrollieren. Zudem verlangsamen sie die Magenentleerung, wodurch das Sättigungsgefühl gesteigert und Kalorienaufnahme, Hunger und Appetit reduziert werden. Dies geschieht durch Aktivierung bestimmter neuronaler Regelkreise im Gehirn, die für die Regulierung des Hungers zuständig sind. Klinische Studien zeigen eine Gewichtsreduktion von 14,9 Prozent bei Menschen mit Semaglutid – vorausgesetzt, sie verändern ihren Lebensstil über etwas mehr als ein Jahr hinweg.

Wie sieht es mit den Neben- oder Wechselwirkungen aus?

Wie bei jeder medizinischen Behandlung können auch bei der Anwendung von Semaglutid Nebenwirkungen auftreten. Diese betreffen vor allem den Magen-Darm-Trakt mit Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Verstopfung. Außerdem kann es zu Schwindel, niedrigem Blutzucker, Sehstörungen oder Hautreaktionen an der Einstichstelle kommen. Auch schwerere Nebenwirkungen wie Erkrankungen der Gallenblase, Nierenprobleme bis hin zu Nierenversagen, Bauchspeicheldrüsenentzündung und schwere allergische Reaktionen werden diskutiert.

In Kombination mit einer Insulintherapie steigt das Risiko einer Unterzuckerung (Hypoglykämie). Da sich durch die Einnahme von Semaglutid der Mageninhalt langsamer in den Darm entleert, können oral eingenommene Medikamente unter Umständen verzögert wirken. (2)

Lieferengpässe durch Abnehm-Hype

Das Interesse an den Injektionen zum Abnehmen ist derzeit kaum zu bremsen. Vor allem in sozialen Medien sind diese das absolute Top-Thema. Allein auf TikTok wurden die Hashtags #Ozempic und #Wegovy bisher fast 1,5 Milliarden Mal angesehen. Viele Menschen besorgen sich Ozempic® zum Abnehmen auf eigene Kosten – mit einem Privatrezept.

Durch den weltweit gestiegenen Bedarf kommt es deshalb seit Monaten zu Lieferengpässen. Auch für das Jahr 2024 wird mit zeitweiligen Engpässen gerechnet. Der dänische Hersteller Novo Nordisk Pharma GmbH weist deshalb in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darauf hin, dass die Anwendung zur Gewichtsregulierung eine Off-Label-Anwendung (d. h. einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch) darstellt und aktuell die Verfügbarkeit von Medikamenten wie Ozempic® für Menschen mit Typ-2-Diabetes gefährdet. (3)

Die Abnehmspritze lebenslang?

Die Idee, dass man nur ein paar Wochen lang spritzen muss und dann von Adipositas geheilt ist, klingt zugegebenermaßen sehr verlockend. Aber reicht das wirklich aus? Leider nein! Langzeitstudien an Nagetieren haben gezeigt, dass die Tiere nach Beendigung der Behandlung relativ schnell wieder zunehmen – eine Erkenntnis, die sich auch in klinischen Studien mit Patienten bestätigt hat. So kommt es nach Absetzen der Medikamente bei den meisten bei entsprechender Veranlagung zu einem deutlichen Jo-Jo-Effekt. Dazu kommt, dass die Auswirkungen auf den Körper bei jahrelanger Anwendung bisher noch nicht ausreichend erforscht sind. (4)

Abnehmspritzen für Diabetiker und adipöse Menschen

Fazit: Bahnbrechende Chance oder Risiko?

Abnehmspritzen auf Basis von Semaglutid oder anderen GLP-1-Agonisten können eine revolutionäre Neuerung für die Behandlung von Adipositas darstellen – hier sind sich Experten einig. Denn ein Gewichtsverlust hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit in vielerlei Hinsicht: Gelenke können entlastet werden, das Herz-Kreislauf-System wird positiv beeinflusst und auch die Psyche profitiert davon.

Auch Menschen mit Prädiabetes können davon profitieren, da sie so möglicherweise gar nicht erst an Diabetes Typ 2 erkranken. Denn: Jede Form des Gewichtsverlustes reduziert das Risiko einer Diabeteserkrankung und durch die entzündungshemmende Wirkung der Medikamente auf die Bauchspeicheldrüse können diese auch präventiv gegen Diabetes eingesetzt werden.

Eines allerdings muss klar sein: Abnehmspritzen sind keine Wunderwaffe, denn sie ändern nichts am Lebensstil oder an genetischen Faktoren. Sie sollten deshalb erst nach ausreichender Abwägung und sehr achtsam eingesetzt werden und immer nur Teil eines langfristigen Behandlungskonzepts sein – mit dem Ziel, langfristig ohne Spritzen das Gewicht mit einem gesunden Lebensstil und ausreichend Bewegung zu halten.

Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt ausdrücklich vor einem nicht indikationsbezogenen Einsatz von Wirkstoffen wie Semaglutid. Wägen Sie deshalb vor einer entsprechenden Therapie zusammen mit Ihrem behandelnden Arzt sorgfältig Pro und Contra ab und lassen Sie sich ausführlich über mögliche Neben- und Wechselwirkungen, Kontraindikationen sowie alternative Therapieansätze beraten.

Quellen

Ernährungsberatung und Medikamente in Ihren Witzleben Apotheken Berlin

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