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Endometriose und die weibliche Blutung

Der Artikel zum Vortrag von Frau Dr. med Julia Bartley, Leiterin des Kinderwunschzentrums TFP, Berlin

Anlässlich des Weltverhütungstag am 26. September 2023

Zur Endometriose gibt es viele Mythen. Sie muss aber immer im Zusammenhang mit der Blutung betrachtet werden – warum bluten wir und was sagt uns das?

Die monatliche Blutung ist ein Spiegel dessen, was bei uns ab dem Zeitpunkt der Geschlechtsreife hormonell abläuft und nur mit einem aktiven Eierstock möglich ist.

Ein Zyklus besteht aus zwei Hälften: In der ersten, der sogenannten Follikel-Phase, wächst das Eibläschen bis zur Zyklusmitte heran und sobald es eine Größe von ca. 2 Zentimeter erreicht hat, kommt es durch ein sehr komplexes hormonelles Zusammenspiel zum Eisprung. Anschließend kommt die Gelbkörperphase. Beide Phasen wirken auf die Gebärmutterschleimhaut. Während die Schleimhaut sich zu Beginn durch die steigenden Östrogenwerte aufbaut und dicker wird, wird sie zum Zeitpunkt des Eisprungs zur Einnistung des Eis vorbereitet. In der zweiten Zyklushälfte steigen die Progesteron Werte und die Basaltemperatur, die vor dem morgendlichen Aufstehen vaginal gemessen werden kann. Um den 21. Tag bildet der Gelbkörper zunehmend weniger Progesteron, bis der Progesteron- und Östrogenspiegel so niedrig ist, dass die Gebärmutterschleimhaut zerfällt, und damit die Menstruationsblutung auslöst.

Messung für Basaltemperatur

Nebenbei: Misst man die Basaltemperatur täglich über einen Zyklus lang und dokumentiert dies auf einem Kurvenblatt, so sieht man kurz nach dem Eisprung eine Temperaturerhöhung um ca. 0,2 °C . So kann man auf natürliche Weise verhüten, weil man sehen kann, dass der Eisprung nun ca. zwei Tage her ist – diese Verhütungsmethode ist aber leider nicht sehr sicher. Siehe auch: Die Pille Danach

Der Berliner Gynäkologe Professor Paul Straßmann fand bereits Anfang des letzten Jahrhunderts heraus, dass durch den weiblichen Zyklus Energie gespart wird, – durch die erhöhte Temperatur der zweiten Zyklushälfte kann sich ein Embryo nicht einnisten. Solange der Mensch noch in der freien Natur gelebt hatte, war dies enorm wichtig zum Überleben.

”Regelblutung – oh, mein Gott“

Speziell in den monotheistischen Religionen ist die Blutung negativ besetzt, wie im 3. Buch Moses: „eine blutende Frau ist „unrein“! oder „Es gibt kein Gift, das schädlicher ist als das Menstruum“ von Paracelsus (1493 – 1541). Durch familiäre Aussagen: „Oh, jetzt geht das lästige Bluten ja auch bei dir los“ wird die weibliche Menstruation ebenfalls als „schlecht“ implementiert.

Seit den 1950er Jahren weiß man aber sicher: dem ist nicht so! Und Blutung an sich ist gesund – sie zeigt: wir sind fruchtbar!

Wie komplex das Thema Blutung ist, zeigt eine neue Ausstellung im Berliner Museum für europäische Kulturen, die bis zum September 2024 laufen wird.

Was ist ein normaler Zyklus?

Laut neuer Klassifikation (2019) dauert er 24 – 38 Tage, davon vier bis acht Tage Blutung mit einer Menge von ca. 5 – 80 ml. Natürlich sind das Durchschnittswerte. So kann hier der Hinweis helfen, dass alles im Rahmen des „Normalen“ ist, wenn ein Bindenwechsel alle zwei Stunden nötig ist und die Frau sich nicht gestört fühlt.

Sind die Schwankungen im eigenen Zyklus sehr unterschiedlich, sollte im Gespräch mit der Ärztin / dem Arzt drauf hingewiesen werden.

Menstruation – Dauer

Regelblutung – was ist normal?

Von der ersten Monatsblutung (Menarche) bis zum regelmäßigen Eisprung dauert es ein paar Jahre. In den ersten zwei Jahren kommt es meist zu Blutungen ohne einen richtigen Eisprung, erst nach bis zu acht Jahren sind Zyklen mit einem regelmäßigen Eisprung verbunden. Hat heutzutage eine Frau in unserer Zivilisation in ihrem Leben ca. 400 – 500 Blutungen, bluten die Frauen in den Naturvölkern ca. 50 – 100-mal. Blutung ist hier eher die Ausnahme! Sie bluten dann, wenn sie nicht schwanger sind und nicht stillen. Glücklicherweise geht es uns heute trotz der häufigeren Blutungen gesundheitlich viel besser und wir werden viel älter!

Warum tun Regelschmerzen weh?

Schmerzen können entstehen, weil die Gebärmutter sich zusammenziehen kann. Meist merkt man das fast gar nicht – aber es kann auch vorkommen, dass sie sich so stark zusammenzieht, dass die Durchblutung der Gebärmutter unterbrochen wird. Es kommt zum Sauerstoffmangel durch die Blutarmut – es entsteht ein ischämischer Schmerz. Man kennt das, wenn man im eiskalten Winter längere Zeit draußen ist und dann die Finger weiß werden und sehr wehtun. Und selbst der Kontakt mit lauwarmem Wasser, wenn man wieder daheim ist, schmerzt dann höllisch.

Periodenschmerzen – Häufigkeit bei FrauenWie häufig sind Regelschmerzen?

50 bis 75% der jungen Frauen geben an, Regelschmerzen zu haben, davon 7 bis 15% mit starken Schmerzen und dadurch bedingtem Schulausfall oder Arbeitsunfähigkeit. Leider wird Regelschmerz oft bagatellisiert. Und auch, wenn die Menstruation ein ganz natürlicher und gesunder Vorgang ist, können chronische Schmerzen gesundheitliche Folgen haben, Depression und ein negatives Körperbild entstehen.

Regelschmerzen-Faktoren, die sie beeinflussen

Ein Trost vorneweg: mit zunehmendem Alter nehmen die Schmerzen ab.

Schützend sind natürliche Geburten durch die Dehnung des Geburtskanals mit Veränderung der Anatomie sowie die Einnahme der Pille durch die Unterdrückung der Blutung. Hier muss abgeklärt werden, ob das für die Frau von gesundheitlichem Wert ist.

Es gibt aber leider auch fördernde Faktoren: eine grundsätzliche Angst vor der Blutung und einem eventuellen Schmerz; Depression und Essstörungen, sowie das Rauchen, das ja ebenfalls die Durchblutung des Gewebes drosselt. Frauen, die sexuellen Missbrauch erfahren mussten, erfahren die Regel meist auch viel schmerzhafter.

Regelschmerzen – wann behandeln?

Kurz gesagt: Sobald die Lebensqualität eingeschränkt ist oder die Frau sagt, „ich habe schon Angst vor meiner nächsten Blutung“ sollten die Schmerzen behandelt werden.

Um im ärztlichen Gespräch die Intensität der Schmerzen besser abfragen zu können, wurden auch hier Stadien eingeteilt (Biberoglu & Behran):

  • Stadium 1:
    Die Arbeitsfähigkeit ist etwas eingeschränkt.
  • Stadium 2:
    Die Frau ist bereits stundenweise bettlägerig und/oder gelegentlich arbeitsunfähig.
  • Stadium 3:
    Es liegt tageweise Bettlägerigkeit mit Arbeitsunfähigkeit vor.

 
Bereits bei Stadium 2 sollte immer eine Behandlungsmöglichkeit besprochen werden.

Endometriose – was ist das überhaupt?

Es gibt für diesen medizinischen Fachausdruck, der sich aus dem lateinischen Wort für Gebärmutterschleimhaut (Edometrium) ableitet, kein deutsches Wort. Wenn die Schleimhaut, die die Gebärmutter auskleidet, verstreut woanders im Gewebe vorkommt, bezeichnet man das Endometriose, mit der griechischen Endung für „Erkrankung“. Dabei finden sich meist kleine Inseln von Gebärmutterschleimhaut zum Beispiel in der Gebärmuttermuskulatur, an der Gebärmutter drumherum, auf den Eierstöcken oder auf dem Bauchfell.

Als Grund vermuten die Wissenschaftler: wenn wir bluten, bluten wir ja nicht nur in die Scheide, sondern auch in dem Bauchraum (schließlich müssen die Spermien ja auch über die Eileiter zum Eierstock kommen und die Eizelle finden können). Somit ist nachvollziehbar, dass auch etwas Blut in die Bauchhöhle gelangen kann. Normalerweise wird es vom Körper entsorgt, – bei Frauen mit Endometriose bilden sich allerdings kleine Herde aus den Zellen des Menstruationsblutes und können wachsen.

Ist Endometriose die Ursache für Regelschmerzen bei Teenagern?

Nur selten! Weniger als 5 % der Teenager haben Endometriose vor dem 20. Lebensjahr, während 5 – 15 % der erwachsenen Frauen von Endometriose betroffen sein können.

Wie kann man Schmerzen bei Regelschmerzen behandeln?

Der pflanzliche Wirkstoff vom Mönchspfeffer, Agnus Castus, reguliert und stabilisiert den weiblichen Zyklus und wird empfohlen, um Schmerzen und Beschwerden wie PMS (Prämenstruelles Syndrom) zu lindern.

Die Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Ibupofen sowie die verschreibungspflichtigen Naproxen und Metamizol sind in der Apotheke erhältlich und sollten nach entsprechender Beratung eingenommen werden.

Eine einfache und schnelle Hilfe ist auch die berühmte warme Wärmflasche: auf den Bauch gelegt und einfach mal zur Ruhe kommen (ohne Handy oder TV-Berieselung) kann hier schon gut wirken.

Eine Empfehlung aus der Apotheke aus dem naturheilkundlichen Bereich ist auch das Lavendelöl. Mit warmen Händen und sanft kreisenden Bewegungen im Uhrzeigersinn eingestrichen (von oben auf den Bauch heruntergeschaut), wirkt es entkrampfend und beruhigend.

Die Pille als hormonelle Möglichkeit bei Dysmenorrhoe

Antibabypille bei Endometriose

Grundsätzlich können Teenager vom Arzt die Pille verschrieben bekommen mit der Empfehlung: Pillen, die weniger Thrombose verursachen, zu bevorzugen (siehe Blogbeitrag „Verhütung“ von Prof. Dr. Christoph Keck). Bei der Wahl der Pille andere Probleme mitzubetrachten (eventuelle Akne mitbehandeln) und bei Unverträglichkeit auf andere Präparate zu wechseln. Auf jeden Fall sollte man bei Veränderung auf die Grundstimmung achten.

Der Langzyklus

Mit den reinen Gestagen-Monopräparaten, die nur ein Gelbkörperhormon enthalten, und jeden Tag eingenommen werden müssen, wird der regelmäßige Zyklus unterdrückt.

Bei der klassischen Kombinierten Pille gibt es ein Einnahmeschema von 21 Tagen Einnahme und 7 Tagen Pause. Damit kommt es zu einer monatlichen Blutung und „suggeriert“ einen regelmäßigen Zyklus. Die Blutung entsteht nur durch die künstliche Pause und vermittelt den Eindruck, dass sich sonst nichts ändert, außer dass man nicht schwanger werden kann.

Aber ohne dass die Pille zu gesundheitlich mehr Nebenwirkungen oder Risiken führen kann, kann heute eine Pille auch länger eingenommen werden mit entsprechend weniger Pausen und weniger Blutungen. Ein Vorteil: weniger Pausen bedeuten auch weniger „Unfälle“ im Verhütungsschutz der Pille.

Die Entscheidung kann und darf jede Frau für sich und mit ärztlicher Beratung treffen.

Gestagen-Monos

Neben der Minipille gibt es als reine Gestagen Präparate noch die Hormonspirale und die 3-Monatsspritze. Sie machen keine Thrombose und hebeln den Zyklus aus- können aber zu mehr Zwischenblutungen führen. Für Teenager eher die Ausnahme.

Wichtiger Hinweis: Wegen Regelschmerzen allein muss bei Teenagern keine gynäkologische Untersuchung erfolgen. Und solange eine junge Frau sexuell nicht aktiv ist, dürfen Frauenarzt bzw.  Ärztin auch nicht ohne weiteres untersuchen!

Besteht bei Teenagern der Verdacht auf Endometriose, muss auch nicht unbedingt eine gynäkologische Untersuchung erfolgen. Bei starken Schmerzen besteht die Möglichkeit der weiteren Abklärung durch Ultraschall oder MRT (Magnetresonaztomogaphie)

Eine Bauchspiegelung wegen Endometriose ist auch nur ganz selten notwendig. Ein möglicher Anlass sind Regelschmerzen, die sich unter der Pilleneinnahme und üblichen Schmerzmedikamenten nicht behandeln lassen. Oder Unterbauchschmerzen, die auch unter einer hormonellen Therapie wie der Pille fortbestehen. Wenn zusätzliche Schmerzen bestehen, wie Schmerzen beim Wasserlassen, Stuhlgang oder beim Geschlechtsverkehr- oder wenn ein auffälliger Untersuchungsbefund vorliegt, wäre eine Bauchspiegelung zu überdenken- aber sie zählt eher zu den Ausnahmen.

Fazit: Regelschmerzen bedeuten meistens keine Endometriose – sie sind ein Zeichen des Erwachsenwerdens und des sich adaptieren des Körpers an neue Prozesse. Wichtig sind grad bei jungen Mädchen entsprechend aufklärende Gespräche.